Wie birdingtours-Gäste seltene Lebensräume schützen

Interview mit Stefan Reinsch vom Verein Artenreich Höhbeck

Thomas Griesohn-Pflieger: Stefan, die Gäste von birdingtours, die in Deutschland eine Reise mit uns unternehmen, sponsern die Naturschutzarbeit auf dem Höhbeck. Dabei spielt der Wiedehopf eine besondere Rolle…

Stefan: Ja, der Wiedehopf ist nicht nur das Markenzeichen von Euch, sondern auch sowas wie eine Zielart bei uns. Als sehr anspruchsvoller Vogel, der große und viele Insekten benötigt, um sich und seine Kinder zu ernähren, könnte er als Indikator für eine ebenfalls sehr anspruchsvolle Naturschutzarbeit stehen. Und die gute Nachricht: In der Region hat er sich bereits etabliert und konnte im Frühjahr schon bei uns singend beobachtet werden. Angesichts der guten Entwicklung der Fläche rechne ich in naher Zukunft mit den ersten Brutpaaren!  

Thomas Griesohn-Pflieger:  Ich kenne den Höhbeck persönlich schon aus den sechziger Jahren und habe als Schüler hier meine ersten guten Sperbergrasmücken beobachtet und die damals in Deutschland seltenen Neuntöter bestaunt. Was würde mich heute hier erwarten?

Stefan: Du würdest staunen über die vielen Neuntöter, die wir hier von Mai bis September beobachten können. Er ist ja auch ein guter Indikator für eine reiche Insektenfauna. Bemerkenswert ist auch der Zuwachs an Wendehälsen, sie profitieren von der Pflege der sonnenbeschienen Offenlandbiotope. Diese sind für sehr viele Insektenarten eine wichtige Lebensbasis und viele Insekten bedeuten auch viele Vögel. Unsere Zielart, der Wiedehopf,  benötigt große Insekten wie Maulwurfgrillen, Heuschrecken und diese lieben die warmen Offenlandflächen.

Thomas Griesohn-Pflieger:  Die Wiederherstellung von Lebensräumen, die durch menschliches Handeln entstanden sind, ist ja die Spezialität Eurer Arbeit auf dem Höhbeck und eine besondere, sehr aktive Form des Naturschutzes, man könnte auch sagen “Kulturlandschaftsschutz”...

Stefan: Ja, genau! Unser besonderes Merkmal ist die beharrliche Pflege und Nutzung der Landschaft als jahrhundertelang gewachsene Kulturlandschaft – insbesondere die Pflege der Offenlandbiotope. Und da gibt es sehr erfreuliche Erfolge!  Insgesamt sind allein auf dem Gelände rund um den Landschaftspflegehof über 60 Vogelarten wieder heimisch geworden. Neben dem erwähnten Neuntöter, dem Wendehals oder der Heidelerche hat sich hier seit diesem Jahr auch der Wespenbussard angesiedelt — ähnlich dem Wiedehopf eine speziell angepasste Art der besonders insektenreichen Magerrasen. Für mich eine großartige Bestätigung der jahrelangen Grünlandpflege von Hand! Rauchschwalben waren hier verschwunden, jetzt sind es mehr als 30 Brutpaare! Der Gartenrotschwanz ist wieder da!

Thomas Griesohn-Pflieger:  Machen sich die heißen und trockenen Sommer bei Euch in der Arbeit bemerkbar?

Stefan: Ja, das merken wir deutlich! Das Heu auf dem Höhbeck wird aufgrund der Dürresommer merklich karger. Wir reagieren darauf, indem wir die Skuddenherde (Skudden = kleine Heideschafe auf magere Standorte spezialisiert) durch Esel verstärken. Möglichst zum nächsten Frühjahr sollen die ersten drei Tiere zum Einsatz kommen. Die Esel werden die Flächen noch besser beweiden können, die sich nun eher als steppenartige Trockenrasen darstellen. Außerdem dienen die wehrhaften und mutigen Esel als Wolfsschutz und sind genügsame Heuverwerter. Allein die Anschaffung der Tiere beläuft sich auf eine Kaufsumme von 3.000 bis 4.500 Euro. Da sind die Spenden Eurer Gäste eine sehr wichtige Hilfe!

Thomas Griesohn-Pflieger: Wie geht es weiter auf dem Höhbeck, was können unsere Gäste der Reise “Auwälder und Stromtalwiesen an der Elbe” im Jahr 2023 bei Euch bestaunen?

Stefan: Ich kann nichts versprechen, aber vielleicht ist der Wiedehopf dann hier zu sehen? Wer weiß! Wir entwickeln und sichern langfristig Flächen auf dem Höhbeck. Aktuell arbeiten wir an der Erweiterung des Biotopverbunds am Höhbeck und planen Korridore für den Anschluss an die bestehenden Flächen rund um die Funkstelle. Das sind allesamt eher trockene Magerrasenflächen mit einer Vielzahl an Insekten und Reptilien. Als neue Pflegestrategie verfolgen wir die Zusammenlegung von Flächen zu großen Dauerweiden. Eine 15 Hektar große Fläche lassen wir bereits ganzjährig, naturnah von einer 16köpfigen Skuddenherde beweiden und wollen die Beweidung noch ausdehnen, dazu werden wir ein neues Gehege bauen und eine dritte Herde dafür aufbauen.

Thomas Griesohn-Pflieger: Das hört sich nach viel Arbeit an, Stefan! Wir bleiben dran und  wollen dich weiter gerne mit Hilfe unserer Gäste unterstützen!

Großinsekten: 
Feldgrille, Sichelschrecke, Blauflügelige Ödlandschrecke, Ameisenjungfer (-löwen), Sandlaufkäfer, wirklich bemerkenswert sind die vielen Nester der Feldwespen (pollistes),

Schmetterlinge:
Wegerich-Scheckenfalter, Schachbrett, div. Widderchen, Schwalbenschwanz und Großer Fuchs,  Großer und Kleiner Schillerfalter und Kleiner Eisvogel.

Reptilien/Amphibien:
Die Zauneidechsen sind eindeutig die Stars hier oberhalb des 53. Breitengrads und wieder stark in Ausbreitung begriffen. Die alljährliche Schaffung von offenen Sandflächen und das Abplaggen für Ei-Brutplätze wirken! Daneben Waldeidechse und viele pechschwarze Ringelnattern und überwinternde Frösche; Laubfrösche gibt es hier zu Tausenden.

Säugetiere:
Mauswiesel, Spitzmäuse (Zwerg- + Wald?), mindestens ein halbes Dutzend Fledermäuse (Mopsfledermaus im Winterquartier auf dem Hof), Feldhasen.

Botanik:
Silbergras-Flechtenrasen, Karthäuser-, Büschel- und Heidenelke, Sandstrohblume, Berg-Haarstrang, Zypressenwolfsmilch, Ähriger Blauweiderich, Astlose Graslilie, Steppenhexe...

 

Infos über die Schafe auf dem Höhbeck und Produkte aus ihrer Wolle: https://www.wenden-garn.de/

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