Vogelwissen im August

Lahme Ente wegen Mauser!

Enten-Männchen, wie diese Stockenten, haben jetzt im Hochsommer kräftig Federn gelassen und dabei ihre Flugfähigkeit teilweise verloren. Ohne die großen Stoß- und Flügelfedern ist auch der stolzeste Erpel eher eine lahme Ente. Wie kommen die Schwimmvögel über diese gefährlich Phase?

 

Im Juli und August sind die bunten Entenmänner nicht zu sehen, denn auch das Kleingefieder wird gemausert und die Erpel sehen tarnfarben aus, wie die Entenfrauen. Schon im Mai geht das los: Die Erpel zeigen erste braune Federn im sonst so auffallenden Federkleid und sehen merkwürdig unordentlich gefleckt aus. Im Juni sind die meisten Erpel schon ganz braun und kaum von den Entenfrauen zu unterscheiden. Aber man kann es, wenn man den Kniff dabei kennt! Der Schnabel kann ja nicht gemausert werden und er behält deshalb seine gelbe Farbe. Der Schnabel der Enten ist dagegen orange und dunkel gemustert. Aber was ist mit den Flügelfedern? Sie sind wichtig, damit die Enten schnell flüchten können!

Die Tarnfärbung der Entenmännchen kommt gerade richtig! Warum? Weil Stockenten wie alle Entenarten ihr Fluggefieder erneuern, und zwar alle auf einmal. Das hat zur Folge, dass sie eine gewisse Zeit flugunfähig sind! Und dann führen sie ein mehr verborgenes Leben, halten sich in dichter Vegetation auf und sichern sich auch, indem sie in Trupps zusammen bleiben, denn mehr Augen sehen mehr. Ein bunter, flugunfähiger Vogel – das wäre keine gute Idee! Fuchs und Habicht und vor allem der mächtige Seeadler hätten dann leichtes Spiel.

Man könnte meinen, dass sich die Erpel zunächst durch ein braunes Körpergefieder tarnen, bevor sie die Schwungfedern abwerfen. Wenn die Flügel wieder einsetzbar sind, wechseln die Erpel langsam wieder ins Prachtkleid.

 

Ente und Erpel sind von Oktober bis Mai durch ihre unterschiedliche Federnpracht gut zu unterscheiden. Bei fast allen Entenarten, vor allem bei den Gründel- oder Schwimmenten, ist das Prachtkleid der Entenmänner sehr farbenfroh, während die Entenfrauen eher ein bräunliches Tarngefieder tragen. Die Biologen sprechen von Geschlechtsdimorphismus. Jetzt im Sommer ist das anders, beide Geschlechter sind tarnfarben. Die Mauser der Erpel ist auffällig wegen des Farbenwechsels, die Mauser der Entenfrauen dagegen kaum zu bemerken, es ändert sich ja optisch kaum etwas. Wer genau hinsieht, kann aber erkennen, dass die Federn neu aussehen – frische Farben und keine Abnutzungen.

Bis Oktober wird es nun dauern, bis das farbenfrohe Prachtkleid wieder völlig ausgebildet ist und, welch Zufall, dann beginnt auch schon die Verlobungszeit der Enten!

 

Thomas Griesohn-Pflieger

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